Eher durch Zufall sind wir damals zu Siberian Huskies gekommen. Erfahre hier unsere Geschichte. Viel Spaß beim Lesen!
Bei uns fing alles im Frühjahr 2012 an. Ein guter Freund von uns hatte zu der Zeit um die 10 Siberian Huskies, und bekam einen dubiosen Anruf. Ein Mann sagte ihm, dass er eine Husky-Hündin hat, die er loswerden will. Er sagte ihm auch, dass wenn er sie nicht nehmen würde, er sie „in die Waagerechte“ bringe. Unser Freund zögerte nicht lange und nahm die Hündin auf. Schnell wurde ihm aber klar, dass sie nicht war wie seine anderen Huskies.
Die Hündin war total verängstigt und verstört und hatte offene Wunden am Kopf. Man konnte sie nicht berühren oder streicheln ohne dass sie panisch ein Versteck suchte. Wohlmöglich auch deswegen hatte sie große Probleme, sich in das neue Rudel zu integrieren.
Als unser Freund für vier Tage wegmusste, hatte er jemanden, der auf seine Huskies aufpasste. Aber die Person traute sich nicht zu, auch die ängstliche Hündin aufzupassen. Da wir schon viel mit den anderen Huskies von unserem Freund unterwegs waren, schlugen wir ihm vor, sie für die Zeit zu uns zu nehmen.
Also kam Kim, so hieß die Hündin, zu uns. In den ersten zwei Tagen versteckte sie sich noch in jeder Ecke unserer Wohnung und ließ uns nicht an sich ran. Aber dann passierte das undenkbare. Sie fing an sich für uns zu interessieren. Anfangs war es nur ein ganz vorsichtiges um die Ecke gucken. Später konnte sie schon im Türrahmen von dem Raum stehen, in dem wir waren. Stück für Stück wurde es immer ein bisschen mehr. Am Ende der vier Tage war es uns sogar möglich, Kim ganz, ganz vorsichtig anzufassen. Für uns ein Riesenerfolg! Wir erzählten unserm Freund ganz stolz von der Entwicklung und den Fortschritten. Dann kam die Frage, die unser Leben von Grund auf ändern sollte:
„Wollt ihr Kim behalten?“
Ja, natürlich!
Und da standen wir nun. Spazieren gehen war anfangs fast unmöglich. LKWs, Autos, Fahrräder und vor allem Menschen waren für Kim die Hölle auf Erden. Panisch versuchte sie aus jeder Situation zu flüchten.
Es hat über ein Jahr gedauert, aber mit viel Geduld und Liebe und einer tollen Hundeschule kamen wir bis an den Punkt, an dem spazieren gehen nicht mehr eine Belastung, sondern etwas tolles für Kim wurde und sie das erste Mal schwanzwedelnd vor uns stand. Wir konnten von Kim alleine in dem ersten Jahr so unglaublich viel lernen, wie manch andere Hundehalter in ihrem ganzen Leben nicht.
Nach einer ganzen Weile, die wir fleißig trainiert haben, Erfahrungen sammeln konnten und das Better Mushing Seminar absolviert haben, sind wir zu einem Seminar gefahren, bei dem der Long Distance Musher und „Yukon Quest“-Gewinner Hugh Neff einen Vortrag gehalten und uns viele Tipps gegeben hat. Ein tolles Seminar. Ganz besonders, weil nicht nur Hugh Neff, sondern auch die Veranstalterin Angela Wiatowski einen tollen Eindruck bei uns hinterlassen hat. Eine großartige Musherin und Züchterin. Sie stand und steht uns immer mit Rat und Tat zur Seite und hat uns sehr, sehr viel beigebracht. Sei es zum Thema Zughundesport, den Husky an sich, Ernährung oder Gesundheit des Hundes. Wir waren so beeindruckt von ihrem Wissen und Umgang mit ihren ca. 30 Huskies, dass für uns klar war: Wenn Kim einen gleichartigen Weggefährten bekommt, dann von ihr. Und so kam „Home vom Allerhof“ in Spätsommer 2017 zu uns.
Home war von Anfang an eine auffällige Hündin. Sie ist die Tochter von Angelas bester Leithündin und schon als Welpe war abzusehen, dass Home nicht nur die Gene, sondern auch das Potenzial dazu hat, selbst ein toller Leithund zu werden.
Ihr Einzug bei uns war schon spektakulär. Kim war ja immer sehr ruhig und unauffällig. Nicht aber Home. Der kleine Wirbelwind flog die ersten Tage wie ein Tornado durch Haus und Garten. Alles war spannend, neu und super aufregend. Man liest und hört ja immer überall, dass Welpen extrem viel schlafen und oft ihrer Mutter und den Geschwistern nachtrauern. Das hatte Home scheinbar nie gelesen oder gehört. Trauer? Keine Spur! Müde? NEIN! Wir mussten sie regelrecht dazu zwingen, auch mal ruhig zu sein und zu schlafen. Klar, auch das mussten wir und Home erst lernen.
Auch für Kim änderte sich natürlich einiges. Wollte Home doch immer nur spielen und toben, wollte Kim meistens lieber schlafen und ihre Ruhe haben. Eine tolle und spannende Zeit für uns alle. Nach ein paar Wochen war aber auch die erste Aufregung weg und der Alltag zog ein. Schnell merkten wir, dass Home hochintelligent, aufgeweckt, neugierig, verschmust aber auch sehr sensibel ist. Sitz und Platz waren in wenigen Minuten beigebracht und schon dauerhaft abrufbar. Die kleine zierliche Hündin konnte mit sechs Monaten schon alle Kommandos, die sie für den Zughundesport braucht. Wir konnten es kaum noch abwarten, bis sie ENDLICH ein Jahr alt wird und wir sie das erste Mal am Scooter einspannen können.
Als es dann soweit war, hat es uns wie ein Schlag getroffen. Home lief bei ihrem ersten Training als hätte sie nie etwas anderes gemacht. Home kann beim normalen Gassi gehen schon mal zickig auf andere Hunde reagieren, aber am Scooter blendet sie sowas aber komplett aus. An dem Hund, der morgens noch angezickt wurde, läuft sie abends am Scooter vorbei, als wäre der einfach gar nicht da. Zuhause ist Home aber ähnlich wie Kim sehr unauffällig und ruhig. Unauffällig und ruhig sind aber Fremdwörter für Home, wenn wir die Geschirre rausholen. Dann könnte man meinen, dass sie eigentlich Sängerin oder Warnsirene hätte werden sollen. Das ist schon faszinierend, wie viele verschiedene Töne aus einem Husky rauskommen können.
Leider mussten wir sehr schnell feststellen, dass Home und Kim nicht zusammen am Scooter laufen konnten. Home war von Anfang an einfach zu schnell für Kim. Aber kein Problem, dann trainierten wir halt beide getrennt. Kim war ja auch schon etwas älter und wollte ihre sportliche Karriere sowieso an die Schlittenkufe hängen.
Kim hat vielleicht auch wegen ihrer Vergangenheit nie gezeigt, wenn sie krank war oder Schmerzen hatte. Wir mussten immer höllisch aufpassen, ob mit ihr auch alles in Ordnung ist. Im März 2018 konnten wir durch diese erhöhte Aufmerksamkeit schlimmeres verhindern, als Kim sich plötzlich komisch verhielt.
Wir fuhren direkt zur Tierklink. Diagnose: Geschlossene Pyometra. Kim brauchte sofort eine Not-OP. Aufgrund extrem schlechter Blutwerte mussten wir drei Tage um ihr Leben bangen. Aber nicht nur wir, sondern auch Home. Dachten wir immer, dass die beiden wenig abhängig voneinander sind, zeigte sich schnell, dass Home leidet und Kim unglaublich vermisst. Als Kim nach einer Woche wieder nach Hause durfte, ist Home vor Freunde regelrecht durchgedreht. Das war schon herzzerreißend zu sehen, dass die beiden doch sehr aneinander hingen. Was tun, wenn Kim mal nicht mehr ist? Der Tag würde kommen (auch wenn wir hofften, dass er noch weit weg ist), an dem Kim mal nicht mehr da ist. Und Home alleine halten? Nein. Das würde nicht gehen. Da unser Plan eh war, mit zwei Hunden am Scooter zu fahren, gab es ja nur eine Lösung: ein weiterer Hund muss her.
Wo soll man bei Marvel nur anfangen? Wir hatten schon, als wir Home abgeholt haben, bei Angela einen weiteren Husky bei ihr „vorbestellt“. Es ist ja auch nicht so, als würden die auf Bäumen wachsen und mehrfach im Jahr geerntet werden können. So kamen wir erstmal auf die Warteliste. Irgendwann kam die Info, dass wir aus einer für uns tollen Verpaarung noch einen Rüden bekommen könnten. Es gab zwar noch einige Interessenten mehr für diesen Rüden, aber wir könnten ihn bekommen. Als wir dann bei Angela den kleinen Rüden gesehen und erlebt haben, war klar: Der würde super zu uns passen. Er war ein kleiner Frechdachs. Optisch eine sehr süße Mischung aus Kuh und Waschbär, aber sehr eigenwillig und nicht dominant. Das würde zu Home und Kim schon passen. Was der kleine aber für ein Schlitzohr ist, ahnten wir da noch nicht. Mit Kim und Home sind wir einige Male bei ihm gewesen und die drei waren sofort ein Herz und eine Seele.
Dass er es faustdick hinter den Ohren hatte, merkte wir, als wir Marvel abholten. Als wir auf den Hof gefahren sind, empfingen uns schon drei nass geschwitzte Frauen, die schon einige Zeit versucht hatten den kleinen Frechdachs einzufangen. Ohne Erfolg. Mit vereinten Kräften haben wir ihn dann doch bekommen und ins Auto eingeladen. Zuhause angekommen zeigte sich aber sofort, wie neugierig und lieb er ist. Wir haben noch nie erlebt, dass Marvel mit einem anderen Hund nicht klarkam. Er mag jeden und jeder mag ihn. Ein richtiger Sonnenschein. Allerdings hat diese Sonne genau wie der Mond auch eine dunkle Seite. Der kleine Frechdachs hat einen unglaublichen Dickkopf. Was er nicht will, tut er auch nicht. Und was er will, dass macht er auch. Kein Leckerchen der Welt ist so lecker, als dass man ihn damit bestechen könnte. Wenn er nicht reinkommen will… Ja dann tut er es auch nicht.
Er liebte es von klein auf, mit Home zu spielen. Wettrennen durch den großen Garten, miteinander toben und selbst verstecken spielten die beiden. Kim hat zwar nur ganz selten mal mitgemacht, wollte aber immer in der Nähe sein. Waren Home und Marvel hinten im Garten am Toben, lag Kim in der Nähe. Waren die beiden vorne am Haus, war auch Kim da. Wenn man die ganze Rudeldynamik beobachtet, kann man wirklich viel lernen. Kein TV-Programm kann so vielfältig sein, wie die Kommunikation zwischen Huskies.
Für Kims Entwicklung war all das ein Schritt Richtung „normaler Hund sein“. Home, Marvel und selbst die Not-OP haben Kim mit großen Sprüngen selbstsicherer gemacht. Kim war die Rudelchefin. Home und Marvel haben Kim nie angezweifelt oder ihren „Rang“ im Rudel in Frage gestellt. Wenn Kim dabei war, war Home auch beim Gassi gehen nicht zickig gegenüber anderen Hunden. Kim brachte immer eine unbeschreibliche Ruhe ins Rudel.
Kim hat uns eine ganze Menge beigebracht. Die nächsten drei Lektionen waren aber sehr hart für uns. Wenn man sich für einen Hund entscheidet und zu sich holt, weiß man, dass die gemeinsame Zeit begrenzt ist. Man hofft immer, dass der Tag X noch lange auf sich warten lässt. Allerdings war die erste von den drei Lektionen, wie schnell dieser Tag näher rücken kann. Wir stellten irgendwann fest, dass Kim Probleme bei Kot absetzen hat. Ohne groß böses zu ahnen, sind wir zum Tierarzt gefahren. Wir vermuteten eine kleine Verstopfung. Leider hatte der Tierarzt keine guten Nachrichten für uns. Es war ein Tumor, der leider nicht operiert werden konnte. Ein Schock für uns.
Kim baute innerhalb der nächsten Wochen so schnell ab, dass selbst der Tierarzt erschrocken war. Und dann kam die zweite der drei Lektionen. Wie findet man den richtigen Zeitpunkt, um seinem geliebten Gefährten Qualen zu ersparen aber den Weg über die Regenbogenbrücke nicht zu früh zu öffnen? Man hört immer wieder, dass man das merkt und das Tier einem das zeigt. Auch Kim? Versteckt sie doch immer ihre Probleme. Aber tatsächlich hat Kim uns auch hier nicht im Stich gelassen. Am 30.12.2019 mussten wir sie über die Regenbrücke gehen lassen.
Die dritte der drei Lektionen war, wie unfassbar hart man vom Verlust seines Haustiers getroffen werden kann. Nicht nur für uns, auch für Home und Marvel war Kims Tod ein harter Schlag. Wir hatten immer gedacht, dass Home und Marvel das gut wegstecken würden, da ja immer eine kleine Distanz zwischen ihnen und Kim war. Aber weit gefehlt. Die beiden litten wirklich sehr. Wochenlang waren sie niedergeschlagen, haben schlecht bis gar nicht gefressen und waren ohne Antrieb.
In den darauf folgenden Monaten fanden wir alle langsam wieder in den neuen Alltag ohne Kim ein. Home und Marvel arragnierten sich so langsam mit ihren neuen Positionen im Rudel. Seitdem sind die beiden wie Pech und Schwefel, toben und jagen wieder zusammen durch den großen Garten und genießen ihr schönes Schlittenhundeleben.